Mit Stress in der Schwangerschaft hat alles begonnen und nachdem mein Sohn 6 Wochen alt war, habe ich mich von meinem Partner getrennt.
Susanne erzählt im Interview:
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Ich lese lieber:
PETER: Hier ist wieder Elternpodcast, und meine Leitung geht heute direkt nach Bayern zu Susanne. Hallo Susanne. #00:00:08-8#
SUSANNE: Hallo. Schön, dass ich hier sein darf. #00:00:11-6#
PETER: Sehr gerne. Das freut mich auch, dass du dir Zeit genommen hast. Liebe Susanne, erzähl uns doch erst mal, wer du bist, was du machst, und wie viele Kinder du hast. #00:00:21-4#
SUSANNE: Mein Name ist Susanne Ertle, ich bin 34 Jahre alt, wohne in Illertissen-Au, das ist ein nettes, kleines, bayrisches Dorf, liegt so zwischen Ulm und Memmingen, und ich habe einen Sohn, der ist jetzt zweieinhalb Jahre alt.
Und beruflich bin ich selbständig als Wellness-Masseurin und Reiki-Meisterin. Und nachdem ich selbst in einem richtigen Tief war bzw. Stress in der Schwangerschaft hatte, habe ich dann, als Leo auf der Welt war, noch eine Ausbildung zur Stress- und Burnout-Präventionsberaterin gemacht. Und damit mir jetzt auch nicht langweilig wird, habe ich dann auch noch darüber ein Buch geschrieben. #00:01:06-0#
PETER: Also über Stress in der Schwangerschaft? #00:01:07-6#
SUSANNE: Genau. Über diesen Stress in der Schwangerschaft. Der Titel wird lauten: Burnout im Babyglück. Und da geht es einfach darum, welche Veränderungen da eigentlich so auf einen zukommen.
Also es war eine gewollte Schwangerschaft, alles super toll, ich hatte drei der, glaube ich, glücklichsten Wochen meines ganzen Lebens, und dann kam eine hammermäßige Veränderung, mit der konnte ich absolut nicht umgehen, und das hat mich in einen Zustand versetzt, wo ich niemals für möglich gehalten habe, dass ich da überhaupt hinkommen kann. #00:01:47-2#
PETER: Und jetzt hast du ein Buch darüber geschrieben. Ist das schon draußen, kann man das schon kaufen? #00:01:53-8#
SUSANNE: Das Erscheinungsdatum wird im Oktober sein, also es wird jetzt entweder schon draußen sein, oder dann demnächst kommen. #00:02:04-9#
PETER: Es ist praktisch druckfrisch. #00:02:07-3#
SUSANNE: Genau. #00:02:07-4#
PETER: Okay. Susanne, was hat sich in deinem Leben nach der Geburt, nach diesem Stress in der Schwangerschaft, den du hattest, die du dann auch in deinem Buch verarbeitest und beschreibst, was hat sich danach in deinem Leben verändert? #00:02:22-7#
SUSANNE: Eigentlich alles. (lacht) Am meisten würde ich sagen, ich mich selbst. Denn das, was ich da im Buch schreibe, über den Stress in der Schwangerschaft, da geht es hauptsächlich auch um Beziehungsprobleme, und die größte Veränderung war wohl, dass, als mein Leo sechs Wochen alt war, ich mich von meinem Partner getrennt habe.
Und von dem her war ich dann lange Zeit jetzt alleinerziehend, und die größte Veränderung eben dabei ist, dass ich begonnen habe mich selber zu hinterfragen, zu ergründen, zu reflektieren. Ich habe in der Zeit eben dann auch diese Ausbildung gemacht, weil ich gedacht habe: Okay, wenn ich es jetzt geschafft habe da durchzukommen, dann ist es mir wirklich eine Herzensangelegenheit da anderen auch bei zu helfen. #00:03:18-5#
PETER: Du sagst, du hast dich nach sechs Wochen, nachdem dein Sohn auf die Welt gekommen ist, getrennt. Ich frage jetzt mal: War das vorher schon absehbar, oder eher nicht? #00:03:30-9#
SUSANNE: Es war sehr absehbar. Mein größtes Problem, was ich in der Tiefzeit eben hatte, war, dass ich es nicht wahrhaben wollte. Ich habe da irgendwie versucht zu retten, zu kitten, ich habe mich so auf meinen Partner fokussiert, und ich wollte ihm alles rechtmachen, ich wollte dem Baby alles rechtmachen.
Das Baby sollte in eine intakte Familie kommen, wie man es sich halt vorstellt, Vater, Mutter, Kind. Das sollte alles perfekt und richtig sein. Und es war nichts perfekt und richtig, und da war eben die größte Falle, dass ich mich selber vergessen habe, was ich eigentlich möchte, wie es mir eigentlich dabei geht. Und gerade das, finde ich, ist allgemein für das Leben mit Kind extrem wichtig, dass man sich selber nicht vergisst. #00:04:29-1#
PETER: Das finde ich eine ganz schöne Aussage, oder eine wichtige Aussage. Was mich noch interessiert: Jetzt warst du dann praktisch von heute auf morgen, wie du sagst, alleinerziehend. Das ist natürlich ein ganz neues Spielfeld, wenn man das vorher sich als Familie geplant hat oder vorgestellt hat oder ausgemalt hat. Und auf einmal ist man alleinerziehend. Wie hast du das gemeistert, die neue Situation? Oder wie bist du damit umgegangen? #00:04:57-8#
SUSANNE: Das Wichtige war, dass ich alles mir bewusst gemacht habe. Also es war auf einmal so: Ich habe die pure Verantwortung, jetzt nicht nur für mich, sondern auch für mein Kind. Ich kann jetzt die Verantwortung auch nicht abschieben so in Richtung: Komm, Partner, ich brauche mal eine Stunde Auszeit, pass du mal auf den Kleinen auf.
Das geht ja nicht, wenn man alleine ist. Und da steckte meine Herausforderung, wie ich das trotzdem schaffe. Also ich habe tolle Eltern, die ganz in der Nähe wohnen, die super gleich da waren, die mir echt geholfen haben. Das hat natürlich nicht jeder. Und da muss man einfach schauen, dass man sich so ein Netzwerk aufbaut, dass man sich die Personen sucht, die einem wirklich auch helfen können, und wenn es auch einfach nur mal ist, dass jemand mit daneben sitzt.
Also gerade bei so einem kleinen Kind, wenn es das erste Kind ist, ich war irgendwie total überfordert. Ich wusste gar nicht, was ich mit dem alles machen soll. Der wollte schon immer beschäftigt werden, der hatte noch nicht groß, irgendwie dass er nur da lag und zufrieden war. Man musste immer mit ihm irgendwas machen. #00:06:13-9#
PETER: Was ich mich frage, du sagst, du bist dann alleinerziehend und dann verändert sich ja plötzlich alles. Also das Baby kommt, und man muss sich aneinander gewöhnen. Das Baby an die Mama, und die Mama an das Baby. #00:06:30-8#
SUSANNE: Genau. #00:06:31-6#
PETER: Und dann ist es ja so, dass du dann in einer neuen Situation warst. Konntest du in dem Haus wohnen bleiben, oder in der Wohnung wohnen bleiben, wo ihr gewohnt habt? #00:06:41-1#
SUSANNE: Ja. #00:06:40-6#
PETER: Du musstest nicht umziehen? #00:06:44-4#
SUSANNE: Genau. Das war auch meine größte Hemmnis, warum ich nicht meinen Weg schon früher gegangen bin, weil es spielt ja so viel im Hintergrund mit. Wo werde ich dann leben müssen, vielleicht sogar? Muss ich mein Haus verkaufen? Das spielt ja alles eine große Rolle. Wie werde ich mein Kind ernähren können?
Wenn ich allein bin, möchte ich nicht gleich wieder Vollzeit arbeiten gehen. Und das war auch schon so ein bisschen/ ich wollte auch nicht zurück in meinen Job gehen. Also ich habe in einer Arztpraxis gearbeitet, wo man von morgens bis abends dann in der Praxis steht und so quasi nichts von seinem Kind hat. Und da war ich dem Papa vom Leo sehr dankbar.
Er ist auf seine Art und Weise für ihn dagewesen, indem er mir weiter Miete gezahlt hat. Hätte er nicht machen müssen, aber hat er gemacht, weil er eben gesagt hat, er möchte, dass Leo hier aufwachsen kann. Und das fand ich einen super Zug von ihm, bin ich ihm heute noch dankbar. Ich weiß, ich hätte es irgendwie geschafft, aber das hat mir vieles erleichtert. #00:07:54-1#
PETER: Das kann ich mir vorstellen, weil das ist so eine der größten Herausforderungen, die finanzielle Situation. Gibt es etwas, wo du sagst in Bezug jetzt aufs Baby und auf das neue Dasein von dem neuen Mensch, was du so nicht erwartet hättest? #00:08:16-0#
SUSANNE: Ja. (lacht) Egal, wie alt dein Kind ist, es ist so ein knallharter Spiegel, der dir da vorgehalten wird. Also das Kind zeigt dir quasi deine eigenen Abgründe, alles, was du an dir selber nicht ausstehen kannst, zeigt es dir auf. Also bei mir ist gerade dieses die Wut rauslassen, ich habe nie meine Wut rausgelassen, und er hat mir das so richtig vorgelebt: Hallo, hier ist ganz mächtig Wut in dir drin.
Und ich brülle jetzt für dich, aber ordentlich. Und das war schon hart. Also das hätte ich gerne vorher gewusst. Da war ich nicht drauf vorbereitet, und es ist auch bei jedem anders, weil jeder anders eben ist. Also es ist nicht alles so: Ach, Baby, voll süß. Da gibt es schon Zeiten, da will man es am liebsten an die Wand klatschen. Das hört sich böse an, aber die bringen einen schon gewaltig an den Rand der Belastbarkeit. #00:09:26-5#
PETER: Und wie bist du damit umgegangen, mit dieser Spiegelung? #00:09:30-1#
SUSANNE: Ich habe es mir immer wieder bewusst gemacht. Ich habe versucht nicht gleich sauer auf ihn zu sein, oder sauer auf mich zu sein, ich habe mir das angeschaut: Okay, was will mir das Kind jetzt gerade sagen? Weil sprechen kann es ja noch nicht.
Und dann war es wirklich so, also im einen Moment tobt das Kind, man könnte alles zerdeppern wegen nichts und wieder nichts, und ich habe dann gemerkt, wenn ich das erkannt habe, dann hat sich irgendwas in mir selber gewandelt. Irgendwie bin ich ruhiger geworden, ich konnte mit ihm anders umgehen, und auf einmal war irgendwie alles wieder gut.
Also das Kind hat mir das dann widergespiegelt, das war auf einmal wieder total lieb, aber wirklich, also es ist nicht nachtragend oder so. Das kann jetzt toben, und im nächsten Moment ist es das liebste Kind auf Erden. Und ich glaube, also bei mir hat sich das immer gedreht, wenn ich es erkannt habe: Moment, das ist jetzt was von mir. Das ist nicht das Kind, was jetzt so schlimm ist, sondern das Kind will mir irgendwas sagen. Das hat irgendein Bedürfnis gerade. Und wenn man sich darauf einlässt, dann kann es besser werden. #00:10:44-7#
PETER: Gab es da irgend so ein Schlüsselerlebnis, an dem du das erkannt hast, dass es deins ist und nicht das vom Kind? #00:10:54-0#
SUSANNE: Also es fing schon recht früh an. Ich habe gestillt die ersten sechs Monate, und er war sehr gierig, und wenn er dann meine Brust gesucht hat, dem konnte es nicht schnell genug gehen, dass ich das auspacke, und er jetzt endlich trinken durfte.
Und da habe ich immer nur so als Scherz vor mich hingesagt: Du bist so ungeduldig, du bist ja noch ungeduldiger als ich. Und dann dachte ich mir: Oh, Moment, (lacht) Stopp, da ist ein Zusammenhang. Das war, glaube ich, so der erste Moment, wo ich es wirklich erkannt habe. #00:11:31-0#
PETER: Und jetzt ist es dann aber so, also ich kenne das von mir, wenn man dann so, wie du sagst, wütend ist oder aufgeregt ist, dann ist man ja voll von dieser Emotion. Und das, was du sagst, dieses Bewusstwerden, da geht es darum, dass man sich so ein bisschen rauszieht aus dieser Emotion, dass man das wie beobachtet vom anderen Level her. #00:11:52-8#
SUSANNE: Genau. #00:11:54-8#
PETER: Hast du da einen Tipp, wie man das gut machen kann? #00:11:58-6#
SUSANNE: Also ich stelle mir da vor, dass ich wirklich/ beziehungsweise nicht vorstellen, ich gehe wirklich tatsächlich einen Schritt zur Seite. Ich mache einen großen Schritt und stelle mir vor, dass ich jetzt wirklich mal aus mir raustrete. Und dann schaue ich mir dir Situation an so als neutraler Beobachter, so ein bisschen wie so ein Adler, der da über der Situation schwebt.
Und dann schaue ich da einfach hin und denke mir: Wow, okay, wenn ich jetzt die Wut nicht in mir hätte, und dieses Kind sehe, dann würde ich ja nicht wütend auf das Kind sein, sondern mich fragen: Was möchtest du denn haben? Wie kann ich dir helfen? Da würde ich dann nicht das eigene mit reinbringen und die Situation noch verstärken. Und dann habe ich mich angeschaut, und habe dann wirklich das erste Mal auch Mitgefühl mit mir selber empfunden.
Also ich habe mich verstehen können. Ich habe in dem Moment sogar, so kurios es sich anhört, andere Eltern verstehen können, die tatsächlich diesen unglaublichen Schritt gehen und da eine Riesengrenze überschreiten und sogar ihr Kind vielleicht schlagen. Also das finde ich schrecklich, aber ich konnte das in dem Moment verstehen, wenn jemand nicht diese Bremse zieht, sich da weiter reinsteigert, sich das hochschaukelt.
Ich konnte auf einmal ein Riesenmitgefühl aufbringen mit allem und jedem auf der Welt. Nur, weil ich aus mir selber ausgestiegen bin. Und das ist auch das Tolle, was eben in der Coaching-Arbeit, in der Beratung/ das darf man nicht als seins sehen. Also Mitgefühl, ja, braucht, finde ich, ein Coach, aber nicht Mitleiden. #00:13:59-6#
PETER: Also deine Methode ist einfach wirklich tatsächlich einen Schritt auf die Seite zu gehen um die Situation mit anderen Augen zu sehen? #00:14:08-8#
SUSANNE: Genau. Also dass ich wirklich körperlich was bewege. Man kann das natürlich auch nur mental machen, wenn man sich das vorstellt, aber ich finde es persönlich einfach deutlicher, wenn ich sage: Stopp. Vielleicht sogar die Hand vorne hinhalte und richtig signalisieren: Moment, Stopp. Jetzt mache ich mal einen Cut, und jetzt steige ich mal zur Seite, und jetzt schaue ich mir das mal an.
Und ich sage immer: Zur Not, wenn mich mein Kind wirklich dermaßen zur Weißglut bringt, dann nehme ich mich selber für eine Minute raus aus der Situation. Ich gehe kurz in den Flur raus, also wirklich kurz weg, dass ich selber erst mal wieder runterkommen kann. Das finde ich ganz wichtig. Solange ich mit mir im Unreinen bin, solange ich diese Wut in mir habe, kann ich ja gar nicht für mein Kind da sein. #00:15:07-0#
PETER: Das stimmt, ja. Susanne, Kinder sind in der Regel große Lehrmeister, sagt man. Welche Fähigkeiten oder beziehungsweise Stärken hast du durch deinen Sohn entdeckt oder entwickelt? #00:15:25-4#
SUSANNE: Also ich würde sagen, durch meinen Sohn lebe ich jetzt erst wirklich. Also klar, leben: Ja, man lebt. Aber was heißt es denn wirklich zu leben? Also sich dessen auch bewusst zu sein, und mir fiel das ganz extrem auf zum Beispiel beim Spazierengehen. Wir sind hier gleich am Rand zum Wald und schöne Wanderwege. Und wenn ich da entlang gelaufen bin mit dem Kinderwagen, ich habe gemerkt: Hoppla, ich nehme alles anders wahr.
Da sind Steine, konnte ich mich dran erinnern, wie ich selber als Kind/ das ist ja Wahnsinn. Die Kinder bringen dir Steine an: Guck mal, der Stein, und der Stein. Und du denkst dir: Was ist denn mit dem Stein? Aber wie hübsch, wie viele verschiedene Formen, da sind teilweise Glitzer drin. Das ist einfach dieses andere Bewusstsein, dieses andere Wahrnehmen der Dinge.
Blumen: Wie toll die aussehen, wie super die riechen. Tiere, Kleinsttiere, die man gar nicht mehr wahrnimmt. Einfach dieses Bewusstsein. Und da bin ich ihm so dankbar, dass er mir quasi die Augen geöffnet hat. #00:16:39-5#
PETER: Das ist schön. Was mich noch interessieren würde ist: Gab es bei dir Situationen, wo du dich selber gefragt hast: Ist es bei anderen eigentlich auch so, oder ist das nur bei uns so? #00:16:52-4#
SUSANNE: Ja. Das kam immer wieder auf, diese Frage. Vor allem dann, wenn ich mit mir selber mal wieder nicht im Einklang war. Ich will ja als Mama alles perfekt machen. Und wenn dann irgendeine Situation nicht so lief, wie ich mir das vorher vorgestellt hatte, dann habe ich mir immer wieder die Frage gestellt: Müssen sich eigentlich andere auch damit rumschlagen?
Hat das überhaupt schon mal irgendjemand richtig hingekriegt? Was ist überhaupt richtig? Kann man sein Kind überhaupt perfekt und richtig erziehen? Kriegt nicht jedes auf irgendeine Art und Weise eine Macke? Also da stellt man sich Fragen, wo man vorher einfach nicht damit konfrontiert war. Und es kommen Abgründe von einem selber raus, die man gar nicht wissen möchte, dass man sie hat.
Und das sind Fragen, wo immer wieder auftauchen, auch jetzt noch, muss ich ehrlich zugeben. Also ich glaube, wenn jemand sagt: Bei mir läuft alles super, ich habe nie irgendein Problem gehabt. Der hat entweder mir ins Gesicht gelogen, oder hat es selber noch nicht erkannt. #00:18:07-6#
PETER: Hast du da vielleicht eine konkrete Situation vor Augen, in der das so war? #00:18:14-2#
SUSANNE: Das habe ich vorher schon erwähnt. Also am meisten haben mich immer die Situationen (unv., Bandfehler) wütend wurde oder irgendwie gebrüllt hat, gerade so klein: Er wollte immer Aufmerksamkeit. Meine Kollegin kam dann mal zu Besuch, die hatte etwa zeitgleich ein Kind bekommen, und das Mädchen lag im Babysafe, vier Stunden war die hier, das Mädchen lag die vier Stunden im Babysafe, hat halt einfach nur geschaut.
Und meiner gebrüllt und hin und her, und wollte was machen: Beschäftig dich mit mir, war laut. Da habe ich mich gefragt: Habe ich irgendwas falsch gemacht? War das die Schwangerschaft? Habe ich das auf ihn übertragen? Warum habe ich nicht so ein Kind, das einfach nur da liegt? Will ich überhaupt so ein Kind? Oder will ich wirklich meins? Da kommen Fragen auf, unglaublich. #00:19:17-3#
PETER: Und in solchen Situation, ich sage mal, wenn man wirklich an die Grenze kommt, dann sucht man natürlich nach Hilfe oder nach Antworten. Gibt es da ein Buch oder ein Hörbuch, was dir geholfen hat das besser zu verstehen oder besser damit umzugehen? #00:19:36-5#
SUSANNE: Jetzt mit der Tagessituation nicht, aber eines hat mir ganz arg geholfen, und zwar das Buch: Jedes Kind kann schlafen lernen. Es ist sehr umstritten. Also ich habe viel Negatives darüber gehört, oder eben auch, wenn ich das erzählt habe: Ich habe dieses Programm gemacht. (imitiert Entsetzen) Wie kannst du nur?
Und zwar geht es darum, dass man sein Kind schlafen legt, also mit einer Routine, dass man zum Beispiel eine Geschichte vorliest, oder ich habe mit ihm immer noch ein bisschen getanzt und ihn dann ins Bettchen gelegt, also richtig in sein Bett. Und dann eben Gute Nacht sagt, sich verabschiedet und rausgeht aus dem Zimmer. Also man wartet nicht am Bett, bis das Kind eingeschlafen ist, sondern das Kind soll lernen, dass es alleine einschlafen kann. Und jetzt lässt man aber natürlich nicht das Kind einfach schreien, weil klar, man geht raus- was macht das Kind? (imitiert Schreien) Hilfe, Mama ist weg, da stimmt was nicht. Ich muss schreien.
Und dann gibt es eben, ist im Buch beschrieben, so Intervalle, wo man reingeht wieder ins Zimmer. Also man lässt das Kind nicht einfach nur schreien, sondern man guckt immer wieder. Man geht am Anfang jede Minute rein. Also es ist Arbeit, sage ich jetzt mal, aber es hat sich richtig gelohnt. Nach einer Woche hat mein Leo durchgeschlafen. Ich habe das mit ihm gemacht, als er vier Monate alt war, und er hat durchgeschlafen. Und das war so eine Erleichterung für mich, weil ich ja wirklich, wenn man alleine ist, und vielen Eltern geht es ja auch so, den ganzen Tag sind ja nie beide Partner zu Hause, einer ist ja meistens immer alleine.
Und jetzt ist man nachts schon auf die ganze Zeit, dann tagsüber. Man ist immer nur für das Kind da. Und das macht einen fertig, das laugt einen richtig aus. Und durch das, dass das Kind durchgeschlafen hat, kann ich auch zur Ruhe kommen und auch durchschlafen. Und wenn ich ausgeschlafen bin, ich konnte auf einmal an mein Kind mit einer Gelassenheit rangehen. Das merkt ja jeder selber. Wenn er ausgeschlafen ist oder mal ein paar Monate einfach nie Schlaf gefunden hat, maximal ein, zwei Stunden am Stück, das macht einen einfach fertig. #00:22:05-8#
PETER: Das ist wirklich eins der großen Belastungen, dieses Nichtschlafen oder nicht Durchschlafen? #00:22:12-0#
SUSANNE: Ja, genau. Und da war ich dem Buch sehr dankbar. Das hat mein Leben wirklich krass verändert. Und also das kann man nachlesen, wie das genau funktioniert. Darum gibt es ja eben ein ganzes Buch darüber. Aber es ist nicht so, dass man sein Kind einfach nur brüllen lässt, sondern man kümmert sich schon um das Kind, man gibt dem Kind das Gefühl: Es ist jemand da, ich bin da.
Ich bin auch immer reingegangen und habe zu ihm gesagt: Ich bin da. Ich bin vor der Türe. Wenn du mich brauchst, bin ich sofort da. Abe rdu musst jetzt einfach lernen alleine einzuschlafen. #00:22:50-0#
PETER: Habe ich das richtig vorhin verstanden, dass du gesagt hast im Moment, dass du am Arbeiten bist? #00:22:56-1#
SUSANNE: Ja. #00:22:57-3#
PETER: Und dass du praktisch auch alleinerziehend arbeitest? #00:23:00-1#
SUSANNE: Ja. #00:23:01-6#
PETER: Wie machst du das? Wie funktioniert das? #00:23:04-3#
SUSANNE: Eben durch meine supertolle eigene Mama. Die nimmt mir Leo ab, ich lege meine Termine so, dass ich nicht einen ganzen Tag arbeite, sondern dann mal zwei Stunden weg bin. Ich mache einen Massagetermin aus für eine Stunde oder so, dann muss ich eine halbe Stunde davor einfach den Raum schon herrichten, halbe Stunde danach plane ich noch ein eben für den Kunden, für den Klienten.
Ich nehme jetzt einfach mal das Beispiel einer Massage. Dann gehe ich wieder und hole ihn wieder ab. Und Leo merkt gar nicht, dass ich arbeiten bin, der denkt einfach: Oh, ich bin zwei Stunden bei Oma zum Spielen. Der kriegt das nicht mit. Also ich lege die Termine recht locker. Und das ist der Vorteil eben von Selbständigsein. #00:23:49-8#
PETER: Das stimmt. Was mich noch interessieren würde ist, wenn man die eigenen Kinder zu den Eltern bringt, dann ist das ja so, dass die eigenen Eltern, also die Großeltern in dem Fall, vielleicht andere Erziehungsansichten oder andere Erziehungsansätze haben wie man selber. Gibt es so was, wo du merkst: Meine Eltern machen das anders, als ich mir das wünsche oder vorstelle? Und wie gehst du damit um? #00:24:19-0#
SUSANNE: Da habe ich sehr lange gebraucht um damit einigermaßen cool umzugehen. Ich habe auf einmal erkannt, durch Sachen, die meine Mutter/ einfach so beiläufige Sätze, oder wo sie einfach zu Leo gesagt hat, habe ich erkannt: Scheiße, jetzt weiß ich, woher ich die Macke habe. Da wurde mir auf einmal bewusst, ich sage jetzt einfach mal, ich habe keine 90-60-90-Maße, ich habe einfach früh gelernt: Ich habe meinen Teller aufzuessen, und solche Geschichten.
Oder: Da hast du dir wehgetan, hier kriegst du eine Schokolade als Trostpflaster. Finde ich ganz schrecklich. Ich handhabe das völlig anders. Und als ich das eben gesehen habe, da wurde ich teilweise richtig wütend, habe Leo ihr aus der Hand gerissen und habe gesagt: (imitiert Wut) Der kriegt jetzt keine Schokolade, und der darf weinen.
Und der kriegt jetzt von mir eine Umarmung. Also da bin ich richtig auch gegen meine Mutter hart angegangen. Die hat da auch viel mitmachen müssen, weil ich auf einmal gemerkt habe: Hoppla, so ist das zustande gekommen. Und das wollte ich jetzt natürlich unbedingt richtig machen und korrigieren. Also ich möchte ja nicht, dass mein Kind mit den gleichen Problemen zu kämpfen hat wie ich. #00:25:41-7#
PETER: Aber so, wie ich höre, habt ihr da einen Kompromiss gefunden? #00:25:45-0#
SUSANNE: Ja. Da ist einfach egal, ob das im Umgang mit dem Kind, im Umgang mit Partnern, im Umgang mit sonst irgendjemandem, offen und ehrlich miteinander reden. Das ist, glaube ich, wirklich das A und O. Und man glaubt nicht, wie viel Kinder, also meiner ist jetzt zweieinhalb, das ist Wahnsinn, was der mit einem Jahr schon alles verstanden und kapiert hat. Ich habe dem in Ruhe irgendetwas erklärt, und er hat es akzeptiert und verstanden. Also die kriegen viel mehr mit, als dass wir denken. #00:26:16-9#
PETER: Ja, das ist so. Genau. Was sollen deiner Meinung nach werdende Eltern unbedingt wissen? #00:26:29-5#
SUSANNE: Was sollen sie unbedingt wissen? Eben, dass Kinder einem einen Spiegel sind. Dass man sich da nicht drauf vorbereiten kann. Eben einfach das mal für sich zu reflektieren. Und was mir auch ein ganz arges Anliegen ist, also es ist natürlich/ wie ich vorher gesagt habe: Es kommen Seiten aus einem raus, die will man selber nicht wissen.
Und man lernt sich selber erst mal richtig kennen. Das ist natürlich ein riesen Aha-Effekt. Und dein Partner lernt dich gleich mit neu kennen. Also das kann echt zu Problemen führen. Und mir ist es eben ein ganz arges Bedürfnis, dass eben die Eltern selber auf sich achtgeben, immer wieder sich Ruhezeiten für sich selber sorgen. Egal, auf welche Art und Weise.
Also ich denke, es gibt für jeden eine Lösung. Nicht jeder hat so eine tolle Mama wie ich gleich in der Nähe, aber man kann da Lösungen finden. Und: Liebe Mamas, ich sehe hier so viele Spazierengehen, die ein schlafendes Kind im Wagen haben. Bitte, (lacht) wenn euer Kind schläft, legt das zu Hause hin und macht was für euch selber. Nutzt die Zeit, macht nicht Hausarbeit während das Kind schläft, sondern tut was für euch selber. Das ist mir wichtig. #00:28:09-9#
PETER: Das finde ich auch, und das möchte ich auch so als Schlusssatz stehenlassen. Weil das ist eine wichtige Botschaft, nicht nur für die Mamas, sondern auch für die Papas. Wenn es einem selber gut geht, dann überträgt sich das automatisch auf das Kind. #00:28:27-6#
SUSANNE: Unbedingt. #00:28:29-6#
PETER: Susanne, vielen Dank, wir sind bei 28, 29 Minuten. Ich danke dir, dass du dir Zeit genommen hast, und uns teilhaben hast lassen an deinem Familienleben mit deinem Sohn und an deinen Erfahrungen. #00:28:45-1#
SUSANNE: Sehr gerne. Ich danke dir für die Einladung, habe mich sehr gefreut. #00:28:49-9#
PETER: Ich werde dein Buch und alle Informationen über dich in den Notizen verlinken. Das heißt, man kann sich dann auch deine Seite, dein Buch näher anschauen, oder überhaupt, was du machst. Und auch die Buchempfehlung, das Jedes Kind kann schlafen lernen, auch wenn es umstritten ist, es scheint doch immer wieder zu funktionieren. Muss ich selber sagen, bei uns hat es auch funktioniert. Und ich wünsche dir noch ein schönes Wochenende. #00:29:20-5#
SUSANNE: Danke, ebenso. #00:29:22-7#
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